Erkenntnisleitend ist die phänomenologische Frage, was Räume mit Menschen und Menschen mit Räumen machen. Methodologisch wird die rationalistische Beschränkung des Subjekts auf ein intelligibles Sein durchbrochen. Es kommen nicht nur handelnde Akteure in den Blick, sondern auch Patheure, die als erlebende Individuen von intentional hergestellten oder sich (gleichsam ohne menschliche Aktivität) konstituierenden räumlichen Milieus gefühlsmäßig berührt werden. Im Zentrum steht nicht die relationale Ordnung der Dinge, sondern der atmosphärisch umgebende Raum der „Vitalqualitäten“ (Dürckheim). In den Fokus der (Neuen) Phänomenologie rücken damit Situationen heruwirklichen Erlebens. Diese haben eher den Charakter einer Mit-Welt als den einer Um-Welt. Von phänomenologischem Interesse sind „Herumwirklichkeiten“ (i.S. von Graf Dürckheim), atmosphärische „Umwölkungen“ (i.S. von Hubert Tellenbach) und Räume des „Ergehens“ (i.S. von Willy Hellpach).
Das Erleben räumlicher Umgebungen wird aber auch unter dem Aspekt der Produktion von Gefühlsqualitäten thematisiert. Auf einer sozialwissenschaftlichen Schnittstelle bereichern sich phänomenologische Forschung und kritische Gesellschaftstheorien wechselseitig. Die Nutzbarmachung der Phänomenologie für eine nicht-reduktionistische Gesellschaftstheorie reklamiert sich angesichts vielfältiger gesellschaftlicher Situationen und Entwicklungen. So werden in der Stadtplanung im Zuge von Raum- und Objekt-Ästhetisierungen ausdrucksstarke Atmosphären der Repräsentation hergestellt oder Räume der Ökonomie (z.B. Kaufhäuser, Einkaufs-„Paradiese“) als dispositive Milieus inszeniert, um unterschwellige Bewirkungsmacht zu entfalten. Die Politik lebt geradezu aus der affektiven „Stimmung“ des Wahlvolkes und damit aus der ideologischen Aufladung spürbarer Beziehungen zu Räumen und Sachverhalten (von der Geopolitik bis zur Suggestion heimatlicher Qualitäten in Dorf und Region).